Champions League, was will Rummenigge ?
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Ist er undurchsichtig ? Oder umtriebig ? Oder vielleicht weiß er nicht, was er will oder er weiß es, und sagt es nicht gerade aus ?
In Fragen zu einer Reform der Champions League (wo man indirekt auch die Bundesliga mitnehmen kann), antwortet der Noch-CEO des FC Bayern Karl Heinz Rummenigge (64) abwechselnd. Mal ist er für, dann wieder dagegen, dann wieder für eine „Reform Champions League“.
Die Zitate der letzten Jahre haben wir extra hier neu zusammen gesammelt und verstehen nur eines: Rummenigge will etwas, plant etwas, will etwas durchsetzen, aber es braucht Zeit. Manchmal klingt es wie ein Politiker, oder eines Machthabers, der für einen riesigen Verband etwas gigantisches wirtschaftlich spektakuläres gewinnerträgliches Gebilde auf die Matte stellen will. Kritik des Fans ist unerwünscht. Besonders die nahen Fans des Vereins, die Traditionalisten, die Ultras, sämtliche Hardcore-Gruppierungen wie Schickeria & Co. Unerwünscht eben. Ein letztes Schauspiel dazu gab es ja im Februar bei der TSG Hoffenheim
Schauen wir uns die Chronologie der Zitate genauer an.
2013, erste Erwähnung einer Superliga
Unal Aysal, Präsident des türkischen Meisters Galatasaray Istanbul und Chairman von Unit International, mit einer Aussage zur Idee einer Superliga für Diskussionsstoff gesorgt. „Die 15 bis 20 größten Klubs in Europa sind sich über diese Idee einig“, sagte Aysal: „Es klingt nach einem Traum, einer Vision. Aber ich bin sicher, dass sie in maximal fünf Jahren Realität werden kann.“ Rummenigge: damals als Antwort:“Unsere Superliga ist die Champions League. Wir sind sehr glücklich mit den derzeitigen Wettbewerben und unserer fruchtbaren Kooperation mit der UEFA. Wir werden weiter mit der Uefa zusammenarbeiten, und das über 2018 hinaus“. Aysal trat Oktober 2014 als Galatasary-Präsident zurück, hat aber im u.a. Ölgeschäft und Immobilien beste internationale Verbindungen. Der Begriff „einig“ sollte zumindest „gespeichert“ werden in diesem Artikel.
Im kalten Januar 2016. Mailand
Ich schließe es nicht aus, dass man in Zukunft eine europäische Liga gründet, in der die großen Teams aus Italien, Deutschland, England, Spanien und Frankreich spielen“, sagte Rummenigge in einer Diskussionsrunde an der Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi. Allerdings solle eine „neue „Liga (wohl gesponsert und ausserhalb der UEFA) sei aber nicht als Angriff auf die UEFA und die bestehende Champions League gedacht, führte der Bayern-Boss weiter aus. Es bestehe wohl der Bedarf, „das Fußballsystem an die neuen Herausforderungen der Globalisierung anzupassen“so der genaue Wortlaut Rummenigges. Diese Superliga könne unter dem Dach der UEFA „oder auch privat“ (durch Sponsoring) organisiert werden.
DFL-Geschäftsführer Christian Seifert nicht als Gefahr für die Fußball-Bundesliga. „Wenn ich die UEFA wäre, würde ich sie ernst nehmen. Sie ist eher gegen die Champions League gerichtet als gegen die nationalen Ligen.“
Am 31.Mai gab er dem „Spiegel“ seine Antwort auf die Frage, ob etwas verändern werden sollte im Modell „Champions League“
Karl-Heinz Rummenigge stellte sich klar GEGEN eine Reform der Champions League aus. Dafür gebe es keinen Grund. „Warum müssen wir eigentlich überhaupt etwas verändern?“.
Die Champions League sei „der mit Abstand beste und am schwierigsten zu gewinnende Wettbewerb der Welt“, um den die europäischen Klubs in der ganzen Welt beneidet würden.
Die aktuellen Reformpläne gehen laut Karl-Heinz Rummenigge nicht auf Vereine aus den fünf größten Ligen zurück. Er sei „kein großer Freund der Idee, die Gruppenphase zu erweitern“. Es gebe jetzt schon zum Ende der Gruppenphase zu viele „Dead Games, wo es um nichts mehr geht“.
Ok. Verstanden. Die Gruppenphase soll also bleiben…oder verändert werden zugunsten der K-O-Phase ? Mehr Spannung ? Das ist zumindest rauszuhören, wenn man die Bezeichnung „Dead Games“ genauer betrachtet. Da hat Rummenigge recht, er weiß aber auch, warum es so ist und wie das Losverfahren (oft komplex und exklusiv dargestellt) funktioniert. Nach einer Auslosung weiß man faktisch schon, welche Klubs sehr wahrscheinlich und wahrscheinlich im Achtelfinale stehen werden.
März 2016 und die Idee einer Setzliste
„Ich schließe es nicht aus, dass man in Zukunft eine europäische Liga gründet, in der die großen Teams aus Italien, Deutschland, England, Spanien und Frankreich spielen“, so Rummenigge März 2016. Eine Art Setzliste soll eingeführt werden, in die TOP-Klubs (oder auch umsatzstärksten und einflussstärksten Klubs) wie der FC Bayern, Real, Barca oder PSG erst später in den Wettbewerb eingreifen würden. Unattraktive Gegner aus den kleineren Ligen, das sind immerhin 80% in Europa, wenn man die TOP5 ausklammert, sollen es „unter sich“ ausmachen, also eine riesige Qualifkation, die Superliga mit großem Brumm, Bumm folgend, vermarktet in alle Himmelsrichtungen und dotiert bis vielen Nullen.
Ein Jahr später Rolle rückwärts
Karl-Heinz Rummenigge geht nun doch davon aus, dass das Thema einer europäischen Superliga mit den Top-Vereinen als Teilnehmern in den kommenden Jahren nicht wieder auf den Tisch kommt. „Ich glaube, wenn die Klubs der ECA mit der UEFA eine gemeinsame Linie finden, wird das nicht der Fall sein. Dann wird es die Superliga NICHT geben. Ich habe den Eindruck, dass speziell die großen Klubs mit diesem Thema sehr verantwortungsvoll umgehen„. Für die Jahre nach der Reform 2016 für die CL-Saisons 2018 bis 2021 sieht Rummenigge die Champions League-Durchführung als ausreichend. Ich bin der Meinung, dass es sinnvoll wäre, die Champions League nach der Reform für 2018 bis 2021 einen weiteren Zyklus in diesem Format spielen zu lassen„, sagte damals Rummenigge.
Kritik nach Reform Mitte 2016
Im Laufe 2016 entschloss sich die ECA, also die „Europäische Klubvertretung“ maßgeblich eine Teil-Reform der Champions League und Europa League durchzuführen. Ab 2018/2019 sollte mehr Geld erwirtschaftet werden, zudem den vier großen Ligen vier Plätze in der Gruppenphase der Königsklasse garantiert wurden. Die entsprechende Kritik von Aussen, innerhalb der ECA würden die großen Klubs wie eben Bayern, die „Kleinen“ unterdrücken. Rummenigge ließ diese Kritik nicht zu.
2020 und 4 Jahre nach der letzten Reform sieht es problrmatisch aus in Fussball-Europa. Nach allgemeinen wirtschaftlichen Problemen vor und nach Corona ist die Zukunft vieler Klubs nicht einfach. Wie hoch werden die Anfrage auf hochbezahlte Spieler, wie hoch die Gehälter (Salary Cap?), wie entwickeln sich weiterhin die seit 2016 erneut enorm gestiegene Ablösesummen – Fragen, auf die kein Funktionär eine Antwort hat. Eines ist aber klar: Das Marktpotenzial ist größer geworden. Das Internet ist noch schneller geworden, Streams in HD. Kameras bei Training, überall Portale mit Fussball Fussball Fussball. 2020 ist der Vermarktungsgrad und die möglichen Milliarden, die über Jahre verdient werden können, exorbitant.
Football Leaks Dokumente
16 europäische Top-Fußballklubs arbeiten seit 2016 an einer exklusiven Super League. Die Enthüllungsplattform Football-Leaks hat dem Spiegel rund 70 Millionen Dokumente zur Verfügung gestellt und das Nachrichtenmagazin hat die Daten mit einer Spezialsoftware durchgescannt und dem Recherchenetzwerk EIC (European Investigative Collaborations) mitgeteilt. Darin sind konkrete Pläne ersichtlich, die mit einem Ligastart bereits in drei Jahren (ca. 2019) planen.
Eine besondere Rolle in den Planspielen nahm FC-Bayern-Chefjustiziar Michael Gerlinger ein, die Rafael Buschmann im Sportgespräch erklärt: „Michael Gerlinger ist tatsächlich das heimliche Hirn des FC Bayern.“ Ohne ihn träfe Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge nahezu KEINE große Entscheidung mehr im Verein. „Michael Gerlinger ist nicht nur derjenige, der die Aufträge erteilt hat zur Prüfung, ob und wie ein Ausstieg aus der Bundesliga beziehungsweise der UEFA hätte stattfinden können, sondern er war auch derjenige, der ganz entscheidend daran beteiligt war die Überlegungen vorzuführen beispielsweise eine eigene Firma für diese Super League zu gründen. Und das war nicht nur als ein Drohszenario gesehen, sondern die Überlegungen diese Firma aufzusetzen und umzusetzen waren sehr konkret und das war gesteuert von Herrn Gerlinger.“
Buschmann selbst hatte eine Ahnung:„Ich glaube, dass die Pläne für eine Super League soweit ausgestaltet sind, dass sie auch heute noch jederzeit umgesetzt werden kann. Das ist eben die ganz große Gefahr für die Verbände, denn sie sind in ihrer Verhandlungsposition nahezu machtlos. Sie stehen mit dem Rücken zur Wand und müssen ab jetzt immer das tun, was die Top-Clubs wolle.“
Inmitten der Corona-Krise und dem Finalturnier, das ohne Rückspiel stattfindet, äußerte sich Rummenigge eben erneut in die andere Richtung. Etwas neues, was den Fans interessanter erscheinen solle. Eben ein Finalturnier nach Gruppenphase und K-O-Phase.
Das Finalturnier 2020 um den Champions-League-Titel soll allerdings nach Ansicht von UEFA-Präsident Aleksander Ceferin eine einmalige Ausnahme bleiben. „Dieses Turnier mag interessant sein. Aber ich glaube nicht, dass wir das in der Zukunft durchführen können. Dafür ist im Kalender kein Platz“, sagte der Slowene der Nachrichtenagentur AFP in Lissabon. Glauben heißt nicht wissen. Sein Amt läuft eh nur bis 2023. Bis dahin dürfte eh noch nichts abgestimmt worden sein, aber vielleicht intensiv geplant.
Bedeutend aber waren folgende Worte von Ceferin im März 2017:“Solange ich Präsident der UEFA bin, wird es keine Superliga geben. Es muss für jeden Verein den Traum geben, sich für die Champions League qualifizieren zu können“. Hat er recht. Aber was ist nach 2023, bzw. ist die UEFA überhaupt der Platz für eine Superliga ?
Rummenigges heimlicher Wunsch
Was will Rummenigge also wirklich, der ab Anfang 2022 nicht mehr als Vorstandsvorsitzender (Oliver Kahn Nachfolger) beim FC Bayern zu gegen sein wird, für die mächtigen Klubs ?
Nach der Corona-Krise und dem derzeitigen auch sportlich schwachen Stand der TOP-Klubs (Barca 2:8 gegen Bayern, Manchester City 1:3 gegen Lyon, Ausscheiden von Real sowie die deutliche Vorherrschaft von PSG in der recht langweiligen zuschauerarmen Ligue 1) könnte man meinen, der Grundstein wird demnächst gelegt. Wo, weiß Rummenigge wohl bereits. Wann ? Ab 2024 wird es neue Anbieter für die CL geben, wie sie dann auch immer ausschauen mag.
Kein Rückspiel mehr ?
Rummenigge warb dafür, die Königsklasse zukünftig grundsätzlich mit einem Final-Turnier zu beschließen. Sozusagen kein Rückspiel mehr. Wie es aktuell durchgeführt wird.
„Der Modus wird wie eine Bombe einschlagen. Der größte Thrill für den Fan ist das K.-o.-System. Bei zwei Spielen setzt sich aus Erfahrung eigentlich immer die bessere Mannschaft durch, in einem Spiel ist alles möglich. Man kann eine bessere Mannschaft schlagen oder gegen eine schlechtere Mannschaft verlieren„.
Rummenigge weiter: „Es gab mal eine Idee, die nannte sich Week-of-Football: zwei Halbfinals und das Finale in einer Stadt, gespielt in einer Woche. Das ist diskutiert worden, man hat es aber wieder zu den Akten gelegt.“
Reform ab 2024 ?
Möglicherweise wird es 2024 eine völlig neu konstruierte CL geben. Möglicherweise die Super League als Dach für alle teilnehmenden Mannschaften, die sich qualifizieren in einer großen K.-o.-Phase. „Wir müssen schauen, dass wir an die K.-o-Phase mehr Fleisch an die Knochen bringen. Da muss man kluge Entscheidungen fällen, dass die Reform dazu führt, dass der Hunger auf die Champions League größer wird. Qualität statt Quantität.“ sagte Rummenigge zuletzt nach den bisherigen Jahren der oft richtung-wechselnden Aussagen. Es werden weitere wahrscheinlich folgen.
Superstars müssen ihr Geld bekommen
Um weiterhin die Top-Summen für die Topspieler in Top-Klubs zu bezahlen, muss die CL „aufgewertet“ werden. Bedeutet, noch mehr Sponsoren bzw. Bereitschaft für Sponsoring generell. Global wohlgemerkt. Je Exklusiver, desto mehr Geld. Das Pay-TV ist ein gesondertes Problem, da im Free-TV mehr Reichweite für die Sponsoren wiederum zu erzielen ist. „Auch wenn sie (die Topstars) teuer sind, verdienen die Superstars ihr Geld, für sie gehen die Leute ins Stadion.“ (NZZ, 19.08.2020).Die Gedanken von Karl Heinz Rummenigge dürften also primär in die Richtung der Sponsoren gehen. Gerade der FC Bayern weiß, wie wichtig es ist, massig Platinpartner um sich zu scharen. Die aktuellen Sponsoren der UEFA-Champions League sind UniCredit, Sony Playstation, Mastercard, Lay’s, Nissan, Gazprom, Heineken und adidas.